Am 22.09.2024 um 15 Uhr eröffnet der KVJ die Ausstellung „No Occasion For Reduction“ der Wiener Künstlerin Sarah Bechter.
Die künstlerische Praxis von Sarah Bechter bewegt sich zwischen den Gegensätzen der Malerei. Mit einem breiten Spektrum an formalen und materiellen Mitteln erforscht ihr Werk die feinen Spannungen zwischen Freiheit und Ausbeutung, vor allem im Kontext der künstlerischen Produktion. In traumhaften Kompositionen fordert Bechter Betrachtende heraus, nach Spuren des Vertrauten zu suchen – Hände, Ellbogen, Silhouetten und Formen, die auf der Leinwand zwischen verschwommenen Erinnerungen und Fantasien schweben. Figuren und Schatten lösen sich in kontrastreichen Hintergründen auf oder verschmelzen miteinander. Angelehnt an den Surrealismus konstruiert Bechter so ein Reich, in dem das Sichtbare und das Unsichtbare nebeneinander existieren, ohne sich zu widersprechen. Die Farbgebung verstärkt diese Dynamik noch – leuchtende Blautöne, Violett und staubiges Rot verschmelzen mit gedämpftem Weiß, während Licht und Schatten im Vordergrund miteinander in Dialog treten.
Der Titel der Ausstellung, No Occasion For Reduction, passt sowohl zur künstlerischen Arbeitsweise Sarah Bechters als auch zu einer gegenwärtigen Welt, in der schnelle, vereinfachende Antworten oft die Komplexität der Realität übersehen. In ihrer neuen Gemäldeserie erforscht Bechter das Konzept der Fluidität als eine Form des Widerstands – gegen die Grenzen der Leinwand, gegen starre Machtstrukturen, gegen Stagnation, Effizienz und Präzision. Inspiriert von Luce Irigaray, die Frauen als „fließende Wesen“ beschreibt, die sich nie eindeutig messen lassen, visualisieren Bechters Werke die Kraft der Grenzenlosigkeit. Indem sie harte Abgrenzungen und räumliche Einschränkungen ablehnt, zelebriert sie in ihrer Kunst das Fließen und die Bewegung. Ihr malerischer Prozess beginnt oft mit der Streuung von Pigmenten auf die nasse Leinwand, wodurch eine materielle Topografie entsteht, die sie intuitiv weiterentwickelt. So entsteht ein Wechselspiel von Schichten und Übergängen, bei dem jedes Bild seine eigene Autonomie behält.
Die Titel ihrer Werke, oft vage und offen, vermeiden konkrete Themen und eröffnen stattdessen eine Vielfalt an Szenarien und Interpretationen. Bechters Gemälde beanspruchen durch ihre hypnotische Instabilität eine starke Eigenständigkeit und fordern die Anerkennung ihrer Ambivalenz. Jede Leinwand lädt zur Erkundung ein und verweigert eine eindeutige Interpretation. Die Gemälde schaffen eine fließende, wandelbare Beziehung zur Beobachtung, als ob sie auf die Art und Weise reagieren, in der sie betrachtet werden. Dabei verweigern sie eine einzige, starre Perspektive, die Bechter patriarchalischen Systemen zuschreibt, und eröffnen Raum für vielfältige Bedeutungen.
Der kuratorische Ansatz der Ausstellung spiegelt diesen offenen und experimentellen Geist wider. Er schafft einen Raum, in dem die Kunst nicht auf eine einzige Lesart reduziert wird, sondern einen ständigen Dialog mit den Betrachtenden ermöglicht. So wird nicht nur die starre Definition des Bildes, sondern auch die unserer eigenen Wahrnehmung hinterfragt. Die Werke ermutigen zu einer Offenheit gegenüber Mehrdeutigkeiten und laden dazu ein, über das Gesehene hinauszudenken.