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Ryan McGinley: Whistle for the Wind

Ryan McGinley war prominent vertreten in DARE #6 – Apocalypse Green, in der Martin Herbert über seine Serie Moonmilk schrieb. Verzeichnet ist dieser Aufsatz nun auch in der Bibliographie des Fotokünstlers – im ersten umfassenden Katalog seiner Arbeiten, der jüngst im Rizzoli Verlag New York erschien. Ryans Künstlerbücher und Galerieveröffentlichungen galten schon lange als Geheimtipps, nun liegt eine erste Gesamtschau vor. Eine Empfehlung von Mathias Zintler.

Intellektuelle Produkte sind wie alle anderen: sie definieren sich durch Erfolg oder Misserfolg, und ihre Heuristik liegt in ihrem Vorhandensein… (P.P. Pasolini, Petrolio)

Ryans Ausstellung im Whitney hatte ich verpasst. Aber im Sommer 2004 fühlte ich mich noch jung genug, zu den Warm-Up Partys ins PS1 zu gehen. Als ich am Tag darauf zurückkam, um mir Ryans Arbeiten noch einmal anzusehen und um mich zu erkundigen, ob es dazu eine Veröffentlichung gab, sagte man mir, dass wohl im Herbst ein größeres Buch über seine Arbeiten herauskommen werde. Das war jedoch nicht der Fall. Es dauerte noch 8 Jahre bevor es zu einer ersten umfassenden Veröffentlichung kommen sollte. Diesen Sommer erschien nun im Rizzoli Verlag Ryan McGinley Whistle for the Wind als, wie es in der Ankündigung heißt, „the first major monograph chronicling the entirety of the artist’s career.“

Ryan McGinley – Whistle for the Wind. Rizzoli New York, 2012. Foto: MZ.

Dieser umfassende Rückblick wird begleitet durch zwei Texte über Aspekte in Ryans Arbeiten. John Kelsey untersucht unter dem Titel Mobile Devices Ort und Zeit, in der Ryans Ästhetik entsteht und Chris Kraus beleuchtet in Pseudo-Fiction, Myth, and Contingency mögliche Ursachen der gewählten Ikonographie. Höhepunkt des Textapparates ist ein Gespräch zwischen Ryan McGinley und Gus Van Sant.

Gus: A lot of times with my lead characters, my attention becomes absorbed by them. I’ve noticed that especially with Matt Dillon, Sean Penn, River and Keanu, and Mike Pitt. But when they’re out of costume, they’re totally different people.“

Ryan: I always feel like my models look sexier with clothes on. I’m spending so much time investigating their bodies and having them do all these strenuous activities while nude, so when they put their clothes on, I’m like, ‘Oh wow, you look great.’“

Whistle for the Wind stellt in der Tat zum ersten Mal einen umfassenden Katalog von Ryans Arbeiten vor und geht durch die Aufnahme seiner Schwarz-Weiß-Arbeiten aus der Serie Everybody knows this is nowhere (2010) sowie der jüngsten Serie Animals (2012) noch über die ein Jahr zuvor erschienene, bereits recht umfassende Veröffentlichung You and I im Twin Palms Verlag hinaus. Ein besonderer Schwerpunkt sind dabei die Arbeiten der Moonmilk-Serie, die Martin Herbert in DARE #6 Apocalypse Green (Ryan McGinley, An Elusive State of Being – Moonmilk revisted) besprochen hat. Gleichzeitig werden aber auch ganz frühe Arbeiten gezeigt, wie BMX und Dash Bombing (beide von 2000) und Cum von 1999 (zugleich auch Hardcover-Umschlag der Rizzoli-Ausgabe).

Ryan McGinley – Moonmilk (2009) und seine Arbeit Marcel (Hidden Reflection) von 2009 in DARE #6

Trotz des Anspruches einer umfassenden Darstellung der bisherigen Arbeiten von Ryan muss auch diese Veröffentlichung natürlich eine Auswahl treffen und ersetzt damit in keiner Weise die vielen Einzelkataloge und Künstlerbücher, die in meist nur kleiner Auflage und zum Teil noch als Selbstpublikation erschienen sind.

 

So ist z.B. in Whistle for the Wind keine der Arbeiten von Ryans Olympic Swimmers-Serie (2004) aufgenommen. Auch viele der 2006 von Agnes B. Galerie du Jour gezeigten Arbeiten sind nicht berücksichtigt. Ebenso hätte es wohl auch den Umfang gesprengt, die im TAR Magazine veröffentlichten Fotoserien mit darzustellen. Gleichwohl trägt auch diese Veröffentlichung Ryans Handschrift und wurde – wie die gleichzeitig erscheinende Künstleredition auf der Grundlage von Whistle for the Wind – von ihm eng begleitet. Und die beiden parallelen Einzelausstellungen der Team Gallery, New York, in diesem Sommer lassen hoffen, dass vielleicht in Kürze wieder ein kleiner Künstlerkatalog erscheint. In Deutschland sind derzeit Arbeiten von Ryan in der von Martina Weinhart kuratierten Ausstellung Privat in der Frankfurter Schirn zu sehen.

Lesen Sie hier Martin Herberts Aufsatz über Ryan McGinley An elusive State of Being – Moonmilk revisited aus DARE #6 – Apocalypse Green.

Ryan McGinley: Whistle for the Wind.
Rizzoli, New York 2012. Mit Beiträgen von Chris Kraus, John Kelsey und Gus van Sant.
240 Seiten, $ 55 . ISBN: 978-0-8478-3831-8

Die deutsche Ausgabe, übersetzt von Ursula Wulfekamp, ist bei Schirmer/Mosel erschienen.
240 Seiten, € 49,80. ISBN: 978-3829606059

Die Ausstellung Privat / Privacy in der Schirn Kunsthalle Frankfurt läuft vom 01. November 2012 – 03. Februar 2013. Öffnungszeiten: Dienstag, Freitag-Sonntag 10-19 Uhr, Mittwoch + Donnerstag 10-22 Uhr.
Ausst.-Katalog in deutscher und englischer Sprache: Privat / Privacy, Distanz Verlag 2012. 240 Seiten. Hg. von Martina Weinhart / Max Hollein, mit Beiträgen von Max Hollein, Martina Weinhart, Boris Groys, Christian Heller, Jan Verwoert und Lisa Beißwanger. Erhältlich im Buchhandel zum Preis von €38, in der Schirn Kunsthalle €27,80.

 

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